Wenn Sie jemals die Gelegenheit hatten, die georgische Küche zu erleben, dann ist Ihnen wahrscheinlich aufgefallen, dass dort ein ganz besonderes Grün am Tisch steht, das zu fast allem passt: eine spritzige, fruchtige Sauce, die mit ihrem einzigartigen Süß-Sauer-Profil die Geschmacksknospen tanzen lässt. Die Rede ist von Tqemali (ტყემალი), einer traditionellen Pflaumensauce, die weit mehr ist als nur eine Beilage – sie ist ein Grundpfeiler der georgischen Gastronomie und ein Muss für jeden, der die Aromen des Kaukasus entdecken möchte.
Was ist Tqemali und woher kommt es?
Tqemali ist eine georgische Pflaumensauce, die hauptsächlich aus einer speziellen Art von Wildpflaumen hergestellt wird, die in Georgien heimisch sind und ebenfalls „Tqemali“ genannt werden. Diese Pflaumen sind typischerweise sauer, oft sogar sehr sauer, wenn sie unreif sind, und bilden die unverwechselbare geschmackliche Basis der Sauce.
- Herkunft: Die Wurzeln von Tqemali liegen tief in der georgischen ländlichen Tradition. Da Pflaumen in Georgien reichlich wachsen, suchten die Menschen nach Wegen, sie haltbar zu machen und ihre Säure in ein vielseitiges Würzmittel zu verwandeln. Die Fermentation und das Einkochen zu einer Sauce waren die perfekte Lösung. Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie lokale Produkte und klimatische Bedingungen die kulinarische Identität einer Region prägen. Jede Familie und Region hat oft ihre eigene, über Generationen verfeinerte Version.
Der Geschmack: Ein Tanz zwischen Süße und Säure
Der Geschmack von Tqemali ist sein absolutes Markenzeichen und schwer zu beschreiben, ohne ihn selbst erlebt zu haben. Man könnte ihn als eine komplexe Mischung aus folgenden Komponenten bezeichnen:
- Säuerlich: Dies ist der dominante erste Eindruck, der von den unreifen oder sauren Wildpflaumen stammt. Es ist eine erfrischende Säure, die den Gaumen belebt.
- Fruchtig-Süß: Wenn die Pflaumen reifer sind, tritt eine natürliche Süße in den Vordergrund, die die Säure mildert und dem Tqemali eine angenehme Fruchtigkeit verleiht. Auch die Zugabe von Zucker oder Honig spielt hier eine Rolle.
- Kräuter-Würzig: Die typischen georgischen Kräuter verleihen Tqemali seine aromatische Tiefe. Dazu gehören Koriander, Knoblauch, rote Chilischoten und vor allem Ombalo (Pennyroyal), eine wilde Minzart, die in Georgien wächst und der Sauce ihr einzigartiges, leicht pfeffrig-minziges Aroma verleiht. Fehlt Ombalo, kann es durch eine Kombination aus Minze und etwas Koriandersamen ersetzt werden.
- Leicht scharf: Oft wird eine kleine Menge roter Chili hinzugefügt, um dem Tqemali eine angenehme Schärfe zu verleihen, die aber selten überwältigend ist.
Die Konsistenz variiert von dünnflüssig bis leicht sämig, je nach Reifegrad der Pflaumen und Kochdauer.
Einsatzgebiete: Tqemali – Der Alleskönner auf dem georgischen Tisch
Tqemali ist in Georgien weit mehr als nur eine einfache Sauce; es ist ein fester Bestandteil der Mahlzeiten und wird zu fast allem serviert.
- Zu Fleischgerichten: Der klassische Begleiter zu gegrilltem Fleisch (Mtsvadi), Hähnchen (oft als Hähnchen Tabaka), Lamm oder auch zu deftigen Eintöpfen. Die Säure des Tqemali schneidet durch die Fettigkeit des Fleisches und reinigt den Gaumen.
- Zu Fisch: Passt hervorragend zu gebratenem oder gegrilltem Fisch, besonders Süßwasserfischen wie Forelle.
- Zu Kartoffeln und Gemüse: Eine wunderbare Ergänzung zu Salzkartoffeln, Ofenkartoffeln oder gedünstetem Gemüse.
- Als Dip: Einfach pur mit Brot als Vorspeise oder zu Käse.
- Als Kochzutat: Manchmal wird Tqemali auch direkt in Schmorgerichte oder Eintöpfe gegeben, um ihnen eine charakteristische säuerliche Note zu verleihen.
Rezept und Anleitung: Tqemali selbstgemacht
Die Herstellung von Tqemali ist relativ einfach, erfordert aber ein wenig Geduld und die richtigen Zutaten.
Zutaten (für ca. 1 Liter Sauce):
- 1 kg saure Pflaumen (am besten grüne oder gelbe Wildpflaumen; wenn nicht verfügbar, eine Mischung aus sauren Pflaumen wie Mirabellen und etwas sauren Zwetschgen oder sogar grüne ungespritzte Mirabellen im Sommer)
- 200-300 ml Wasser (je nach Saftigkeit der Pflaumen)
- 1 Bund frischer Koriander (ca. 50g)
- 1 Bund frische Minze (am besten Ombalo/Pennyroyal, sonst normale Minze, ca. 30g)
- 4-5 Knoblauchzehen, geschält
- 1-2 kleine rote Chilischoten (oder nach Geschmack), entkernt und grob gehackt
- 1-2 TL Zucker (oder mehr, je nach Säure der Pflaumen und persönlichem Geschmack)
- 1-2 TL Salz (oder nach Geschmack)
- Optional: 1 TL gemahlener Koriandersamen (falls Ombalo nicht verfügbar)
Zubereitung:
- Pflaumen kochen: Die Pflaumen waschen und in einen großen Topf geben. Das Wasser hinzufügen und aufkochen lassen. Die Hitze reduzieren und die Pflaumen etwa 20-30 Minuten köcheln lassen, bis sie sehr weich sind und sich das Fruchtfleisch leicht vom Kern löst. Gelegentlich umrühren, damit nichts anbrennt.
- Passieren: Die gekochten Pflaumen durch ein feines Sieb oder eine Passiermühle passieren, um die Kerne und die Schalen zu entfernen. Sie erhalten ein dickflüssiges Pflaumenmus. Die Konsistenz sollte wie ein sehr dickflüssiges Püree sein.
- Kräuter und Gewürze vorbereiten: Koriander und Minze waschen und grob hacken. Knoblauchzehen schälen. Chilischoten je nach gewünschter Schärfe vorbereiten.
- Mixen: Die gehackten Kräuter, Knoblauch, Chilischoten und eventuell gemahlenen Koriandersamen in einen Mixer geben und mit etwas von dem Pflaumenmus zu einer feinen Paste pürieren.
- Vermischen und abschmecken: Die Kräuter-Knoblauch-Paste zum restlichen Pflaumenmus in den Topf geben. Alles gut verrühren. Mit Salz und Zucker abschmecken. Hier ist der Zeitpunkt, um die Balance von süß und sauer nach Ihrem Geschmack anzupassen. Falls die Sauce zu dick ist, können Sie etwas abgekochtes Wasser oder eine kleine Menge Brühe hinzufügen.
- Nochmals köcheln: Die Sauce nochmals kurz aufkochen lassen und bei niedriger Hitze 5-10 Minuten köcheln lassen, damit sich die Aromen verbinden und die Sauce leicht eindickt.
- Abfüllen und Lagern: Das fertige Tqemali in saubere, sterilisierte Gläser füllen und gut verschließen. Im Kühlschrank hält es sich mehrere Wochen. Für längere Haltbarkeit kann es auch eingekocht oder eingefroren werden.
Tqemali ist ein Geschmackserlebnis, das die georgische Seele einfängt: frisch, würzig, ein bisschen wild und voller Charakter. Wagen Sie sich an dieses Rezept und entdecken Sie eine neue Dimension von Süße und Säure, die Ihre Gerichte auf einzigartige Weise bereichern wird.