„Jens und Sandra, ein unscheinbares Paar mit einer Wohnung im Plattenbau. Jens hatte sich letzten Sonntag mit der Frage beschäftigt, was wenn das Auto schon 500 Jahre früher erfunden worden wäre. Sandra guckt ihn fragend an und sagt, er solle sich nicht mit solchen Mist beschäftigen und lieber die TV Halterung reparieren. Abends läuft dann eine Doku mit dem Titel „Wenn das Auto schon 500 Jahre früher erfunden worden wäre“. Sandra sagt zu Jens , „Guck was die für eine interessante Doku zeigen, auf was für Ideen die beim Fernsehen so kommen, toll“ Jens sagt nichts dazu. Sandra hatte schon wieder vergessen dass er sich einige Stunden zuvor mit der gleichen Frage beschäftigt hat, da war es für sie aber „Mist“.“
Diese kleine Anekdote über Jens und Sandra wirft einen interessanten Spiegel auf das menschliche Verhalten und unsere oft widersprüchlichen Reaktionen auf dieselben Themen.
Warum reagieren wir so unterschiedlich?
- Kontext und Zeitpunkt: Oft hängt unsere Reaktion auf eine Idee oder eine Frage stark vom Kontext und dem Zeitpunkt ab. War Jens‘ Frage mitten in einem stressigen Alltag gestellt worden, hätte Sandra vielleicht anders reagiert.
- Persönliche Relevanz: Wenn ein Thema für uns persönlich relevant ist oder uns interessiert, sind wir oft offener dafür. Sandra zeigte erst Interesse, als das Thema in einem neutralen Kontext, nämlich einer Dokumentation, präsentiert wurde.
- Emotionale Beteiligung: Unsere Emotionen beeinflussen maßgeblich, wie wir Informationen aufnehmen und verarbeiten. War Jens‘ Frage vielleicht etwas zu abwegig oder kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt?
- Soziale Dynamik: In einer Beziehung können solche kleinen Missverständnisse ganz natürlich sein. Manchmal wollen wir unseren Partner nicht enttäuschen und spielen deshalb mit.
Was können wir aus dieser Geschichte lernen?
- Offenheit für Neues: Es ist wichtig, offen für neue Ideen und Perspektiven zu sein, auch wenn sie uns zunächst seltsam erscheinen.
- Kommunikation: Offene Kommunikation ist der Schlüssel zu einer guten Beziehung. Wenn wir uns gegenseitig unsere Gedanken und Gefühle mitteilen, können wir Missverständnisse vermeiden.
- Selbstreflexion: Es ist hilfreich, unser eigenes Verhalten zu reflektieren und zu verstehen, warum wir manchmal so reagieren, wie wir reagieren.
Die Ironie der Geschichte
Die Ironie liegt darin, dass Sandra, die Jens‘ Frage zunächst als „Mist“ abtat, später selbst fasziniert von dem Thema war, als es in einem anderen Kontext präsentiert wurde. Dies zeigt, wie schnell sich unsere Einstellungen ändern können.
Professor Mühenmacher dazu: „Dieses Verhalten von Sandra ist eine Programmierung wie Menschen sortiert werden. Wenn jemand wie Jens etwas sagt, wird das oft in Frage gestellt, sagt das der Fernseher ist es absolut richtig ohne Zweifel. Ähnlich wurde es auch schon im Spielfilm Network von 1976 beschrieben.“
Das ist ein sehr interessanter Punkt!
Die Beobachtung, dass wir oft eher Informationen aus externen Quellen wie dem Fernsehen oder anderen Medien für glaubwürdiger halten als die Meinungen unserer Mitmenschen, ist ein Phänomen, das in der Psychologie und der Medienforschung intensiv untersucht wird.
Hier sind einige mögliche Gründe dafür:
- Autoritätsgläubigkeit: Wir neigen dazu, Experten, Autoritäten oder Institutionen mehr zu vertrauen als unseren persönlichen Bekannten. Das Fernsehen wird oft als eine Quelle objektiver Informationen wahrgenommen.
- Soziale Bestätigung: Wenn viele Menschen etwas glauben oder sagen, neigen wir dazu, diese Meinung ebenfalls zu übernehmen, um dazuzugehören oder nicht als Außenseiter dazustehen.
- Unterhaltungswert: Medienproduktionen wie Filme oder Dokumentationen sind oft so gestaltet, dass sie unterhalten. Dadurch können sie uns emotional ansprechen und unsere Meinung beeinflussen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Der Film „Network“ ist in diesem Zusammenhang ein hervorragendes Beispiel. Er zeigt auf eindrückliche Weise, wie Medien gezielt eingesetzt werden können, um die Massen zu manipulieren und Emotionen zu schüren.
Aber warum reagieren wir so?
- Kognitive Leichtigkeit: Es ist einfacher, eine vorgefertigte Meinung zu übernehmen, als sich selbst Gedanken zu machen und Informationen kritisch zu hinterfragen.
- Vertrauen in Institutionen: Wir sind darauf konditioniert, Institutionen wie den Medien zu vertrauen. Das Fernsehen war lange Zeit die wichtigste Quelle für Nachrichten und Informationen.
- Soziale Normen: In unserer Gesellschaft wird oft ein hoher Wert auf Konsens und Übereinstimmung gelegt. Abweichende Meinungen können als störend empfunden werden.
Was können wir dagegen tun?
- Kritische Medienkompetenz: Es ist wichtig, Medienangebote kritisch zu hinterfragen und verschiedene Perspektiven einzunehmen.
- Offener Dialog: Wir sollten uns bemühen, offen für die Meinungen anderer zu sein und uns konstruktiv auszutauschen.
- Selbstreflexion: Es ist hilfreich, unsere eigenen Überzeugungen zu hinterfragen und zu überprüfen, woher sie stammen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Verhalten von Sandra und die allgemeine Tendenz, externen Informationen mehr Gewicht zu beimessen, ein komplexes Phänomen ist, das durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Es ist wichtig, sich dieser Mechanismen bewusst zu sein, um nicht manipuliert zu werden und eigene Urteile fällen zu können.