Europa, du Kontinent der Burgen, der Baguette und – haltet eure Hüte fest, liebe Cowboys und Cowgirls – des Hobbyhorsing! Ja, ihr habt richtig gelesen. Hobbyhorsing. Das ist nicht etwa ein Tippfehler für ein exklusives Steckenpferd-Auktionshaus. Nein, das ist der brandheiße (oder sollte man sagen, federleichte?) Trend, der vor allem in Finnland seinen Ursprung hat und sich nun mit rasantem Galopp über den europäischen Kontinent ausbreitet.
Für alle, die jetzt gedanklich vor ihrem inneren Auge ein Kind mit einem altmodischen Steckenpferd sehen, das im Garten herumhüpft: Denk größer! Denk sportlicher! Denk… nun ja, denk an Menschen, meist junge Frauen, die mit detailgetreuen Steckenpferden zwischen den Beinen anmutige Dressurlektionen absolvieren oder waghalsige Sprünge über Hindernisse meistern. Und das Ganze ist kein Kindergeburtstag mehr, meine Damen und Herren. Hier gibt es Events. Hier gibt es Meisterschaften.
Stellt euch das mal vor: Elegante Reiterinnen (oder sollte man sagen: „Hobbyhorserinnen“?) in schicker Sportkleidung, die mit ihren liebevoll gestalteten Steckenpferden – oft mit kunstvollen Trensen und allem Pipapo – über einen Parcours schweben. Sie piaffieren, sie passieren, sie vollführen Traversalen. Und das alles ohne ein einziges echtes Pferd in Sicht. Der Stock dient als Körper, der liebevoll gefertigte Pferdekopf als… nun ja, als Pferdekopf.
Man stelle sich nun eine Gruppe waschechter „Texas Girls“ vor, die zufällig auf so ein Spektakel stoßen. Die Mädels, die wahrscheinlich schon im Sattel saßen, bevor sie laufen konnten, deren Stiefel mehr Staub von der Prärie gesehen haben als der durchschnittliche Europäer in seinem ganzen Leben. Ich sehe ihre fassungslosen Blicke, das ungläubige Kopfschütteln. „Ihr… reitet… Stöcke? Ernsthaft? Wo sind denn die Ponys hin? Und warum macht ihr nicht einfach Rodeo?“
Man kann ihre Verwirrung ja irgendwie verstehen. In einer Welt, in der Pferde oft als Statussymbole, als Partner im Sport oder schlichtweg als geliebte Tiere verehrt werden, mag die Vorstellung, mit einem Stock zwischen den Beinen Pferdesport zu simulieren, etwas… befremdlich wirken. Aber genau hier liegt ja der Charme (und vielleicht auch der leicht humorvolle Aspekt) des Hobbyhorsings.
Es ist eine Sportart, die Kreativität, Bewegung und eine gehörige Portion Fantasie vereint. Es ermöglicht pferdebegeisterten Menschen, ihre Leidenschaft auszuleben, auch wenn sie keinen Zugang zu echten Pferden haben oder sich vielleicht (noch) nicht trauen, auf einem echten Pferd zu reiten. Es fördert Koordination, Kraft und Ausdauer – und ganz nebenbei sieht es manchmal auch einfach urkomisch aus, wenn eine junge Frau im gestreckten Galopp mit einem Plüschpferdkopf an einem Stock über eine Wiese flitzt.
Die Turniere sind dabei durchaus ernstzunehmen. Es gibt strenge Regeln für Dressur und Springen, die Bewegungen sind oft an den echten Reitsport angelehnt, und die Teilnehmerinnen legen viel Wert auf die korrekte Ausführung und die Eleganz ihrer „Ritte“. Und ja, es gibt Medaillen und Rekorde. Wer hätte das gedacht, als man das erste Mal ein Kind mit einem Steckenpferd hat spielen sehen?
Vielleicht ist Hobbyhorsing ja auch eine charmante europäische Antwort auf die tief verwurzelte Reitkultur anderer Kontinente. Eine spielerische, zugängliche Art, die Faszination Pferd auszuleben, ohne den Aufwand und die Verantwortung, die ein echtes Tier mit sich bringt. Und wer weiß, vielleicht steckt ja auch ein kleiner subversiver Akt darin: die majestätische Welt des Pferdesports auf ein handliches Format zu schrumpfen und sie so für eine breitere Masse zugänglich zu machen.
Ob die „Texas Girls“ ihren anfänglichen Unglauben irgendwann ablegen und vielleicht sogar heimlich anfangen, ihre eigenen, mit Strass besetzten Besenstiele zu „bereiten“, bleibt abzuwarten. Aber eines ist sicher: Hobbyhorsing ist in Europa angekommen und es scheint, als wäre dieser federleichte Trend gekommen, um zu bleiben. Also sattelt eure Steckenpferde, meine Damen und Herren, und galoppiert dem Sonnenuntergang entgegen!