Die Glühwein-Inflation: Das schmerzhafte Ritual der Preisermittlung
Es ist Dezember. Die Lichterketten brennen, die Kälte kriecht in die Jeans und damit beginnt das wichtigste ökonomische Ritual des Jahres: Die alljährliche, fieberhafte Preisermittlung des Glühweins.
Denn die Kosten für das zuckrige, wärmende Elixier sind nicht nur ein Indikator für die lokale Kaufkraft, sondern auch ein Gradmesser für die soziale Verpflichtung und die Bereitschaft zur Selbstgeißelung.
Der Preis: Eine mysteriöse Variable
Was kostet ein Glühwein? Diese Frage sollte einfach zu beantworten sein, doch sie ist es nie. Der Preis des Glühweins auf dem Weihnachtsmarkt ist keine logische Kalkulation aus Wareneinsatz, Personal und Standmiete, sondern ein mysteriöses Konstrukt, das sich jedes Jahr neu erfindet.

- Der Inflations-Aufschlag: Egal, wie niedrig die allgemeine Inflationsrate ist – beim Glühwein existiert eine exklusive, hyperinflationäre Zone. War er letztes Jahr noch 4,00 € wert, kostet er dieses Jahr 4,50 € oder gar 5,00 €. Begründung? Irgendwas mit „Energie“, „Logistik“ oder einfach „weil Sie ihn ja doch kaufen werden.“
- Der Standort-Zuschlag: Der Preis ist direkt proportional zur touristischen Dichte und dem Grad der historischen Kulisse. In der Gasse hinterm Bahnhof kostet er vielleicht noch 3,50 €. Direkt vor dem gotischen Dom? 5,50 € plus 3,00 € Pfand für die Tasse, die Sie sowieso vergessen, weil der Zucker Ihr Kurzzeitgedächtnis außer Kraft setzt.
- Der „Irgendwas-mit-Schuss“-Aufschlag: Der Basismist kostet 4,50 €. Sobald Sie aber den Wunsch äußern, das Gebräu mit einem Schuss „Amaretto-Magic-Dust“ zu veredeln, springt der Preis auf 6,00 € hoch. Ein Preis, der die zusätzlichen 5 Milliliter Billig-Likör auf magische Weise zehnfach übersteigt.
Die wahre Formel: Kosten = Alkoholischer Trost + Demütigung
Die eigentliche Glühwein-Formel lautet:
$$P = (K \times E) + V$$
- P = Endgültiger Preis, der akzeptiert wird.
- K = Kosten des Weins (nahe Null).
- E = Emotionale Erpressung (Das muss man jetzt trinken).
- V = Variable der Demütigung (Wieviel bin ich bereit zu zahlen, um nicht mehr frieren zu müssen und meinen Kollegen die Hand schütteln zu können?).
Die Antwort auf die Frage, was ein Glühwein kostet, lautet also nicht in Euro, sondern in akzeptiertem Irrationalismus. Man bezahlt nicht das Getränk, man bezahlt das Ticket für die soziale Teilnahme am Weihnachtsmarkt-Ritual – inklusive der garantieren Magenschmerzen und dem unangenehmen Gefühl der kalten Jeans.
Und der Clou? Nächstes Jahr werden wir alle wieder überrascht sein, wenn der Preis weiter gestiegen ist. Es ist die schönste Tradition der Weihnachtszeit.
Und ab März heisst es dann wieder „Was kostet die Kugel Eis? Hier geht es zum Artikel

